Mit drei Tricks zur Klima-Panik: Wie eine Studie die Ernte-Apokalypse herbeiredet

Mit drei Tricks zur Klima-Panik: Wie eine Studie die Ernte-Apokalypse herbeiredet

9. Juli 2025 Allgemein 0
Zahlreiche Medien wie „Die Zeit“ griffen die neue Studie auf.Die Zeit / Canva/Screenshit / exxpress

4 Min.

Eine alarmistische Prognose zu Ernteausfällen und Hungersnöten sorgte für ein breites mediales Echo. Doch Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski entlarvt: Mit veralteten Szenarien, Technik-Ignoranz und sprachlichen Tricks wird Panik geschürt – zu Unrecht.

Kürzlich sorgte eine neue Studie im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature für Aufsehen: Die weltweiten Ernteerträge könnten laut Berechnungen eines Forscherteams der Stanford University in den kommenden Jahrzehnten deutlich sinken – bis zu acht Prozent bis 2050, langfristig sogar um 24 Prozent. Mit jedem Grad zusätzlicher Erwärmung verliere die Menschheit im Schnitt 120 Kalorien pro Person und Tag, so die dramatische Rechnung. Die Medien griffen die Zahlen begeistert auf – mit starken Bildern und düsteren Schlagzeilen: vom „ausgelassenen Frühstück“ bis zur weltweiten Hungerkrise.

Doch genau hier setzt die Kritik von Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowski an. In einem Blog-Artikel „Mit drei Tricks zur Ernte-Apokalypse“ analysiert er nicht nur das Zahlenmaterial, sondern auch die Inszenierung: Nature, so Bojanowski, strebt längst nicht mehr nur nach objektiver Analyse – sondern nach maximaler Medienresonanz. Die besagte Studie sei ein Paradebeispiel dafür, wie Wissenschaft durch einseitige Szenarien, das bewusste Auslassen wichtiger Entwicklungen und geschickt gewählte Begriffe ein Bild zeichnet, das mit der Realität nur noch bedingt zu tun hat.

Droht die Klima-Apokalypse samt Hungersnot? Axel Bojanowski entwarnt.Pixabay/Grafik

Droht die Klima-Apokalypse samt Hungersnot? Axel Bojanowski entwarnt.Pixabay/Grafik

Erste Falle: Studie rechnet mit völlig abwegigem Katastrophenszenario

Axel Bojanowski weist auf drei Fallen in der Studie hin, die auch weitreichende Auswirkungen auf ihre Aussagekraft haben.

Erstens stützt sich die Untersuchung auf zwei extrem unwahrscheinliche Szenarien. Sie nützt einerseits das sogenannte „SSP3-Szenario“, demzufolge die Staaten weltweit kaum noch zusammenarbeiten, wirtschaftlich kaum wachsen und vor allem eines tun: sich gegenseitig blockieren. Handel, Innovation und technischer Fortschritt brechen ein, Konflikte nehmen zu. Eine globale Klimapolitik? Findet praktisch nicht statt. Dieses düstere Szenario ist extrem – und gilt unter Fachleuten mittlerweile als höchst unwahrscheinlich.

Trotz Klimawandel: Bauern weltweit steigern ihre Erträge dank moderner Methoden – viele Studien blenden diesen Fortschritt aus.GETTYIMAGES/fotografixx

Trotz Klimawandel: Bauern weltweit steigern ihre Erträge dank moderner Methoden – viele Studien blenden diesen Fortschritt aus.GETTYIMAGES/fotografixx

Doch damit nicht genug: Die Autoren koppeln dieses Szenario auch noch mit einem Klimamodell (genannt RCP8.5), demzufolge der CO₂-Ausstoß völlig außer Kontrolle gerät und die Welt sich massiv aufheizt – auf ein Niveau, das laut Experten nur dann erreicht würde, wenn wir viel mehr Kohle verbrennen als bisher geplant ist. Das ist ebenfalls nicht realistisch – und passt überdies überhaupt nicht zum SSP3-Szenario, denn dort ist aufgrund des einbrechenden technischen Fortschritt gar kein so hoher Energieverbrauch vorgesehen.

Kurz gesagt: Die Studie mischt zwei überzogene Zukunftsbilder, die in Wirklichkeit nicht zusammenpassen – und liefert damit genau die Schreckenszahlen, die für mediale Schlagzeilen sorgen. Doch sie sagen wenig darüber aus, was unter realistischen Bedingungen zu erwarten ist.

Zweite Falle: Technischer Fortschritt wird gänzlich ignoriert

Die Studie blendet technische Innovationen in der Landwirtschaft komplett aus. Sie tut so, als ob sich die Anbaumethoden bis zum Jahr 2100 nicht weiterentwickeln würden.

Technik statt Katastrophe: Die Landwirtschaft wird immer effizienter – düstere Studienprognosen ignorieren diese Entwicklung oft völlig.GETTYIMAGES/photoschmidt

Technik statt Katastrophe: Die Landwirtschaft wird immer effizienter – düstere Studienprognosen ignorieren diese Entwicklung oft völlig.GETTYIMAGES/photoschmidt

Doch genau das ist in der Vergangenheit nie passiert. Im Gegenteil: Seit den 1960er Jahren hat sich die weltweite Landwirtschaft rasant weiterentwickelt. Damals warnten Experten vor dramatischen Hungersnöten – doch es kam anders: Mit der sogenannten „Grünen Revolution“ wurden neue Pflanzensorten entwickelt, moderne Maschinen eingeführt und ausgeklügelte Bewässerungssysteme gebaut. Das Ergebnis: Die Ernten haben sich vielerorts verdreifacht und das trotz wachsender Weltbevölkerung.

Auch in Zukunft ist damit zu rechnen, dass Technologien wie Klimaanpassung, intelligente Düngung, Genom-Editierung oder Agrar-Robotik die Erträge weiter verbessern. Dass die Studie diesen Entwicklungspfad völlig ignoriert, zeigt ihre Einseitigkeit und führt somit unweigerlich  zu einem verzerrten Bild der Zukunft.

Dritte Falle: Eindruck von Verlusten und Rückgängen wird erweckt – ist aber unwahrscheinlich

Ein weiterer zentraler Punkt: Die Studie erweckt den Eindruck, dass die weltweiten Ernten bis zum Jahr 2100 zurückgehen werden. Sie spricht von „Produktionsrückgängen“ und „Verlusten“ – Begriffe, die echte Einbrüche suggerieren. Doch wer den Text genau liest, stößt auf einen entscheidenden, verschachtelt formulierten Satz, der alles relativiert: Die Projektionen seien „Abweichungen von Basisertragstrends, die historisch gesehen im Allgemeinen positiv waren und wahrscheinlich auch bleiben werden“.

Was heißt das? Die Autoren gehen nicht von sinkenden Erträgen aus. Im Gegenteil: Sie rechnen weiterhin mit wachsenden Erträgen – nur eben mit einer geringeren Steigerungsrate als ohne Klimawandel. Mit anderen Worten: Die Landwirtschaft soll auch künftig mehr produzieren, nur nicht ganz so schnell wie im klimapolitisch idealisierten Szenario.

Es gibt keinen Grund für falsche Zukunftspanik. Auch unsere Kinder werden satt werden.GETTYIMAGES/RyanJLane

Es gibt keinen Grund für falsche Zukunftspanik. Auch unsere Kinder werden satt werden.GETTYIMAGES/RyanJLane

Diese Unterscheidung ist entscheidend – wird im Artikel aber nur am Rande erwähnt. Dadurch entsteht ein dramatischeres Bild, als die Daten tatsächlich rechtfertigen.

Der Begriff „Verlust“ ist in diesem Zusammenhang irreführend: Niemand verliert etwas, das er nie hatte. Es geht lediglich um eine Abweichung von einem positiven (!) Trend.

Was am Ende bleibt: Ein verzerrtes Bild mit großer Wirkung

Der Autor verweist überdies auf weitere typische Kniffe, mit denen gezielt negative Entwicklungen heraufbeschworen werden.

So zitiert Axel Bojanowski etwa aus einem Bericht der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO, wonach die globalen Ernteerträge bis zur Mitte des Jahrhunderts um bis zu 30 Prozent steigen könnten – vorausgesetzt, dass Landwirte Zugang zu moderner Technik, Dünger und Bewässerung behalten. Mit anderen Worten: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist die Welt von einem Ernährungskollaps weit entfernt.

Ein Blick auf zahlreiche weitere Studien beleg: Es gibt bislang keine belastbaren Hinweise darauf, dass künftig mit flächendeckender Unterernährung zu rechnen ist.

ℹ️ Dieser Beitrag stammt ursprünglich von exxpress.at

 

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