Die Lebensmittel-Lüge: Kanzler wird an „Österreich-Aufschlag“ gar nichts ändern

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ÖVP-Chef Christian Stocker will die hohen Lebensmittelpreise in Österreich „nicht akzeptieren“ – und muss es doch.
Eine Horror-Zahl: 4,1 Prozent beträgt die Inflationsrate in Österreich. Sie ist damit fast doppelt so hoch, wie im EU-Durchschnitt (2,1) und meilenweit entfernt vom Ziel der Zentralbank (2,0).
Neben den explodierten Energiepreisen – durch Auslaufen der Preisbremse Anfang des Jahres von der Regierung selbst produziert – und die gewaltigen Preissprünge bei Dienstleistungen, sind es vor allem die Lebensmittelpreise, die Österreichs Haushalte in die Miesen treiben.
Immer noch zahlen die Verbraucher vom Bodensee bis zum Neusiedler See für Lebensmittel im Schnitt 20 Prozent und für Drogerieartikel sogar 25 Prozent mehr als ihre EU-Nachbarn beispielsweise in Deutschland. Es handelt sich um den sogenannten „Österreich-Aufschlag“, der seit Jahren für großen Unmut sorgt, allerdings auch andere kleinere Länder wie Kroatien trifft.
Diesem Aufschlag hat – wir berichteten – Kanzler Stocker jüngst den Kampf angesagt. Er werde dies nicht länger akzeptieren und auf ein Verbot unterschiedlicher Lebensmittelpreise in den EU-Mitgliedsstaaten drängen, betonte er mehrfach. „Ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass die Konsumenten in Österreich mehr bezahlen als im EU-Ausland“, sagte er im Ö1-Morgenjournal. Entsprechende Überlegungen gebe es ja bereits in der EU, er werde mit Nachdruck dahinter sein, „dass das möglichst schnell kommt“.
Verbesserungen für Österreichs Konsumenten frühestens in eineinhalb Jahren
Möglichst schnell – und das weiß Stocker genau – bedeutet frühestens in eineinhalb Jahren. Bis dahin soll ein Gesetz in Brüssel vorliegen, das künftig TSCs (Territorial Supply Constraints) einschränkt. Es handelt sich um territoriale Lieferbeschränkungen innerhalb der EU. Verkürzt ermöglichen sie es den Herstellern von Markenartikeln, ihre Produkte in den Mitgliedsländern zu unterschiedlichen Preisen einzukaufen und verbieten dem Handel, sich in den Nachbarländern mit günstigen Waren einzudecken.
So kommt es, dass ein Deo aus der selben Drogeriemarktkette in Wien um 30 Prozent teurer ist als in München. Laut Studien bezahlen so die Konsumenten aus den kleinen Aufschlagsländern in Summe jährlich 14 Milliarden Euro.
Diesen Nachteil für die Verbraucher und auch den Handel hat die EU längst ausgemacht. Bis Ende 2026 sollen in Brüssel die nationalen Lieferverträge gekippt werden.
Was dann doch sehr erstaunte: Ausgerechnet Österreich soll hierbei auf die Bremse gestiegen sein. Man begrüße zwar die laufenden Diskussionen, es gebe aber keine „universelle Lösung“. Neue Regulierungsmaßnahmen seien „nicht zielführend“, sollen Beamte des Wirtschaftsministeriums in Brüssel vorgetragen haben.
Das klang wie ein Statement für die Industrie und nicht für Handel und Verbraucher. Der Wirtschaftsminister fing die unglücklichen Aussagen inzwischen zwar ein, von den Versprechen des Kanzlers ist man jedoch meilenweit entfernt. Am „Österreich-Aufschlag“ wird sich auf mittlere Sicht überhaupt nichts ändern.
Credit: APA
ℹ️ Dieser Beitrag stammt ursprünglich von statement.at