Richard Benda: Marsalek, Benko, Greensil und das Geld der Anderen

Richard Benda: Marsalek, Benko, Greensil und das Geld der Anderen

24. Februar 2025 Allgemein 0
René Benko vor der Justizvollzugsanstalt Josefstadt

 

Richard Benda ist ehemaliger österreichischer Kriminalbeamter und spezialisiert auf Wirtschaftskriminalität. Er schreibt regelmäßig für das Ressort Sicherheit und beleuchtet dort Fälle von Betrug.

Richard Benda

Richard Benda

 

Der Aufstieg vom No-Name zum umworbenen Wirtschaftskönig fasziniert die Menschen. Doch wenn die Finanzblase platzt und ein Schuldenberg bleibt, ist das Erstaunen groß. Ein Vergleich der drei jüngsten großen Pleiten in Europa zeigt frappierende Ähnlichkeiten in den Lebensläufen und Vorgehensweisen der Hauptakteure.

Großer Finanzbetrug empört oft wenig, da vordergründig nur Institutionen und Millionäre geschädigt werden. Doch letztlich trifft es die Gesamtwirtschaft, denn auch Kleinanleger verlieren ihr Erspartes. Solche Pleiten führen meist zu strafrechtlichen Konsequenzen, doch undurchsichtige Firmenkonstrukte, Treuhandmodelle und Top-Wirtschaftsanwälte erschweren den Lauf der Gerechtigkeit. Interne Sicherungen wurden systematisch ausgeschaltet, staatliche Aufsichtsbehörden versagten oder handelten unzureichend. Die Folgen reichen über die geschädigten Investoren hinaus – Arbeitsplätze gehen verloren, ganze Branchen geraten ins Wanken.

Nicht nur die Tathergänge, sondern auch die Persönlichkeiten hinter den Skandalen stehen im Fokus. Jan Marsalek (Wirecard), Rene Benko (Signa) und Lex Greensill (Greensill-Bank) zeigen gemeinsame Charakterzüge: Überzeugungskraft, Skrupellosigkeit, Dynamik, exzellentes Wirtschafts- und Finanzwissen sowie ein weltmännisches Auftreten. Sie bauen Unternehmen auf, manipulieren Bilanzen und hinterlassen riesige Schuldenberge. Ihre Modelle basieren auf immer neuen Investoren, die mit scheinbaren Erfolgen angelockt werden – ein Pyramidensystem auf höchstem Niveau.

Aufstieg und Erfolg

Alle drei Männer stammen aus eher einfachen Verhältnissen oder behaupteten dies zumindest in ihren Biografien. Sie eint der unerschütterliche Wille zum Erfolg – notfalls mit kriminellen Methoden.

Greensill, ein Farmerssohn aus Australien, machte in London Karriere als Investmentbanker, bevor er 2011 die Greensill Capital gründete. Sein Modell: Vorfinanzierung von Lieferketten. Diese Idee, Lieferanten die Forderungen abzukaufen und die Bezahlung vorzuschießen, war damals innovativ. Investoren wurden mit hohen Renditeversprechen angelockt, doch das Geschäftsmodell basierte auf labilen Strukturen.

Marsalek wurde bereits 2000 COO von Wirecard und formte aus einem mittelständischen Zahlungsdienstleister ein milliardenschweres Unternehmen. Er knüpfte enge Beziehungen zu Politik und Wirtschaft, inszenierte sich als Finanzgenie und sicherte sich so das Vertrauen von Investoren und Behörden.

Benko, ohne Matura, begann mit Dachbodenausbauten, expandierte rasant und wurde mit Signa zu einem der größten Immobilienhändler Europas. Sein Modell basierte auf einer aggressiven Wachstumsstrategie: Kaufen, sanieren, verkaufen – solange die Kreditzinsen niedrig waren, funktionierte das System. Als die Zinsen stiegen, kam Signa ins Wanken.

Ihre Modelle waren auf exponentielles Wachstum angewiesen und versprachen Investoren hohe Renditen, die real kaum zu erzielen waren. Greensill wuchs explosionsartig, übernahm 2014 eine deutsche Bank und wurde sogar Berater des britischen Premierministers. Marsalek erreichte 2010 den Zenit mit Millionen-Gehalt und engen Kontakten zu Politik und Wirtschaft. Benko kaufte Luxushotels, Kaufhäuser und Immobilien weltweit, feierte mit Wirtschaftseliten und finanzierte Politiker. Seine Strategie funktionierte, solange Geld floss.

Der Fall

2020 kamen Zweifel an Greensills Geschäftsmodell auf. Eine Sonderprüfung deckte Finanzmanipulationen auf, seine Bank kollabierte als größter Betrugsfall eines deutschen Geldinstituts. Auch namhafte Banken wie die Credit Suisse waren betroffen.

Bei Marsalek war es ein Bericht der Financial Times über verdächtige Transaktionen, der den Skandal lostrat. 2020 platzte die Wirecard-Blase, Milliarden fehlten. Gegen Marsalek wurde wegen Bandenbetrugs, Bilanzfälschung und Untreue ermittelt. Doch er floh rechtzeitig mit Unterstützung mutmaßlicher Geheimdienstkontakte und lebt laut Berichten nahe Moskau. Seine Rolle als möglicher Zahlungskurier für russische Geheimdienste und die Nutzung von Wirecard für dubiose Finanztransaktionen in Krisenregionen werden weiter untersucht.

Benko verantwortet den größten Bankrott der österreichischen Geschichte. Ermittlungen wegen Bestechung liefen bereits seit 2012. 2023 kollabierte sein Imperium, Milliardenverluste und betrügerische Bilanzierung stehen im Raum. Seine Luxusanwesen wurden gepfändet, Jacht und Jet verkauft. Zwei österreichische Ex-Bundeskanzler standen auf der Gehaltsliste von Signa, Bankdirektoren wurden mit großzügigen Einladungen umgarnt – der Fall zieht weite Kreise.

Konsequenzen

Gegen Marsalek liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Benko sitzt in Untersuchungshaft, sein Vermögen ruht in Stiftungen, die seine Familie begünstigen. Prozesse werden Jahre dauern, ein Freispruch scheint angesichts der erdrückenden Beweislage unwahrscheinlich.

Die Faszination für die „Macher“ der Hochfinanz zeigt, dass sich Geschichte wiederholt. Solange Investoren blind auf glänzende Versprechungen vertrauen, wird es immer neue Finanzjongleure geben, die die Gier für ihre Zwecke nutzen.

René Benko vor der Justizvollzugsanstalt Josefstadt

René Benko vor der Justizvollzugsanstalt Josefstadt

 

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