Ab sofort noch mehr Einbürgerungen: In zehn Jahren dann 500.000 „neue Österreicher“?

Ab sofort noch mehr Einbürgerungen: In zehn Jahren dann 500.000 „neue Österreicher“?

5. September 2025 Allgemein 0

3 Min.

Seit 2015 haben mehr als eine halbe Million Menschen in Österreich Asyl beantragt. Ab 2025 können die ersten von ihnen die Staatsbürgerschaft beantragen – bis 2035 könnten Hunderttausende neue Österreicher hinzukommen.

Wie viele Migranten werden in den kommenden Jahren für ihre teilweise illegale Einreise mit einem österreichischen Pass belohnt? Foto: Reuters

Seit 2015 steht Österreich im Zeichen der Migrationskrise. Damals setzte eine Welle von Asylanträgen ein, die das Land bis heute prägt. Bis Ende 2024 summieren sich die Gesuche um internationalen Schutz auf mehr als 433.000. Rechnet man die laufenden Verfahren des Jahres 2025 und die folgenden hinzu, wird die Marke von einer halben Million erreicht. Damit ist klar: Die Einwanderung der vergangenen zehn Jahre ist keine Randnotiz, sondern eine strukturelle Veränderung.

Mit jedem Jahr, das vergeht, rückt eine neue Debatte näher. Denn die entscheidende Frage lautet nicht nur, wie viele Menschen Asyl erhalten. Sie lautet: Wie viele von ihnen werden eines Tages Österreicher – mit allen Rechten, Pflichten und vor allem mit dem Wahlrecht?

Zehn Jahre Aufenthalt – dann Staatsbürgerschaft

Das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz legt fest: Erst nach zehn Jahren rechtmäßigem Aufenthalt kann jemand die Staatsbürgerschaft beantragen. Damit ist klar, dass die Asylwerber des Jahres 2015 ab 2025 zum ersten Mal vor den Einbürgerungsbehörden stehen können. Die oft zitierte Frist von sechs Jahren ist ein Sonderfall – sie greift nur bei besonders guten Deutschkenntnissen, überdurchschnittlichen Leistungen in Schule oder Beruf, bei ehrenamtlichem Engagement oder wenn Kinder in Österreich geboren wurden.

Für anerkannte Flüchtlinge verschärfte der Gesetzgeber die Regeln sogar. Bis 2018 konnten sie noch nach sechs Jahren eingebürgert werden, seither gilt auch für sie die Zehnjahresfrist. Wer also im Krisenjahr 2015 gekommen ist und bis heute in Österreich lebt, erfüllt nun die zeitliche Bedingung – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Der „Pool“ an Bewerbern

Zwischen 2015 und 2021 wurden 236.697 Asylanträge gestellt. Das ist jener Zeitraum, dessen Zuwanderer bis spätestens 2031 die Zehnjahresfrist erfüllen. Doch nicht jeder Antrag führt zu einem Aufenthaltstitel. Anerkennungsquoten schwanken je nach Herkunftsland und Jahr, im Durchschnitt liegt man bei 30 bis 50 Prozent. Selbst bei großzügiger Rechnung bleiben aus diesen sieben Jahren rund 120.000 Schutzberechtigte übrig.

Von ihnen wiederum verlässt ein Teil Österreich freiwillig oder zieht in andere EU-Staaten weiter. Realistisch ist, dass 70 bis 85 Prozent bleiben. Das ergibt einen harten Kern von etwa 100.000 Menschen, die alle Voraussetzungen für eine spätere Einbürgerung mitbringen könnten.

AUSTRIA, SPIELFELD, Sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz am Bundesstrassengrenzübergang in SPIELFELD am 27 10 2015. Foto: BMLVS/GREBIEN

Kaum Abschiebungen, ganz Linz eingebürgert

Die Praxis verschiebt die Zahlen zusätzlich. Denn Österreich schafft es seit Jahren nicht, abgelehnte Asylwerber in nennenswertem Ausmaß außer Landes zu bringen. Dublin-Verfahren scheitern, Rückführungsabkommen fehlen, Behörden sind überlastet. Wer einmal hier ist, bleibt in der Regel auch. Damit verwandelt sich die theoretische Obergrenze der Asylanträge nach und nach in eine reale Bevölkerungsverschiebung.

Im Jahr 2024 wurden 21.891 Personen eingebürgert. 13.036 davon lebten tatsächlich in Österreich, die übrigen erhielten ihre Staatsbürgerschaft als Nachkommen von Opfern des Nationalsozialismus im Ausland. Unter den neuen Inländern dominieren Syrer, Afghanen und Türken. Die jährliche Einbürgerungsrate liegt bei 0,7 Prozent der ausländischen Bevölkerung. Auf den ersten Blick eine kleine Zahl – doch bei stetiger Wiederholung ergibt sich eine gewaltige Summe.

In den vergangenen Jahren schwankte die Zahl der Einbürgerungen regelmäßig zwischen 15.000 und 20.000. Bleibt dieser Rhythmus, entstehen allein dadurch bis 2035 rund 200.000 neue Staatsbürger. Das entspricht alleine schon der Größe der Stadt Linz, der drittgrößten Stadt Österreichs. Nimmt man zusätzlich die großen Asylkohorten seit 2015 in den Blick, vervielfacht sich die Dimension.

Der lange Horizont

Das Prinzip ist einfach: Wer 2015 nach Österreich kam, kann 2025 Österreicher werden. Wer 2016 kam, ab 2026. Wer 2020 kam, ab 2030. Wer 2025 kommt, ab 2035. Jedes Jahr rücken neue Jahrgänge nach, das Karussell der Einbürgerungen dreht sich unaufhaltsam.

Bis 2031 betrifft das jene knapp 237.000 Asylanträge der Jahre 2015 bis 2021. Bis 2035 aber stehen auch die Antragsteller von 2022 bis 2025 in der Warteschlange. Allein 2022 gab es über 112.000 Asylgesuche – so viele wie zuletzt 2015. Rechnet man alle Jahrgänge zusammen, entsteht bis Mitte der 2030er-Jahre eine kritische Masse.

Einmal Staatsbürger, immer Staatsbürger

Die Durchführbarkeit der etwa von FPÖ-Chef Herbert Kickl im Sommergespräch von Oe24 in den Raum gestellten, Entziehung der Staatsbürgerschaft wird sogar im Falle verurteilter Islamisten von experten infrage gestellt. Ist eine Person einmal Staatsbürger, ist dieses Recht schwer wieder zu entziehen und der Versuch würde wohl einen langen Marsch durch die Instanzen auslösen. Erinnern darf man in diesem Zusammenhang aber freilich an die Aussagen von Karoline Edtstadler (ÖVP), damals Verfassungsministerin, die während der Corona-Pandemie Ungeimpften den Verlust der Staatsbürgerschaftsrechte angedroht hatte.

 

ℹ️ Dieser Beitrag stammt ursprünglich von statement.at

 

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